Michael Nentwich
Block: Einleitende Plenarvorträge
Location: Audimax
Time: Wednesday, 12.9.2012, 11:00-12:00
Cyberscience beschreibt und analysiert das Phänomen, dass sich WissenschaftlerInnen mittlerweile regelmäßig von ihrem Schreibtisch aus in einem mit Hilfe von Computer und Internet entstehenden Informations- und Kommunikationsraum bewegen. Der Begriff wurde 1996 eingeführt und in der Studie »Cyberscience. Research in the Age of the Internet« (Nentwich 2003) ausgearbeitet. Der Schwerpunkt der Analyse lag 2003 auf dem Übergang zu einem elektronischen Publikationssystem (E-Journals, Multimedia, Hypertext, Qualitätssicherung, digitale Bibliotheken) und auf Internet-basierten Formen der Kommunikation und Kooperation (E-Mail, elektronische Konferenzen, Groupware, virtuelle Institute, Collaboratories). Doch schon damals war klar, dass es sich bei diesem Forschungsgegenstand um ein »moving target«, also ein bewegliches Ziel handelt, verging und vergeht doch kaum ein Tag, an dem nicht neue Internetwerkzeuge und dienste auftauchen, die zumindest das Potenzial haben, die Art und Weise zu verändern, wie WissenschaftlerInnen arbeiten.
Eine Dekade später etablierte das Web 2.0 mit seinen einfach zu bedienenden Oberflächen eine neue Dimension in die Nutzung des Internets: Facebook, Twitter, Wikipedia & Co schufen eine »soziale Kultur«. Diese Werkzeuge haben auch vor den wissenschaftlichen Communities nicht halt gemacht. WissenschafterInnen twittern, bloggen, betreiben social bookmarking, vernetzen sich in spezialisierten, Facebook-artigen Netzwerkdiensten, nutzen aktiv und passiv Wikipedia und explorieren virtuelle Welten auf der Suche nach vielversprechenden Orten der wissenschaftlichen Zusammenarbeit auf Distanz. Gleichzeitig üben die »Big Player« des Web 1.0 weiterhin einen kaum zu unterschätzenden Einfluss aus – allen voran Google, eine Firma, die mit ihren Diensten auch immer weiter in den akademischen Sektor eindringt (etwa durch die Spezialsuchmaschinen Google Scholar und Google Books).
Der Vortrag basiert auf Nentwich/König (2012) Cyberscience 2.0 – Research in the Age of Digital Social Networks; Frankfurt/Main: Campus und wird die potentiellen Auswirkungen des Web 2.0 auf die Wissenschaft analysieren.
Michael Nentwich ist Direktor des Instituts für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien.