30. Österreichischer Bibliothekartag: The Ne(x)t Generation – das Angebot der Bibliotheken

Erich Renhart

»Lesen kann ich’s, doch verstehen tu ich’s nicht!« Wenn Sprache und Schriftsystem nicht zusammenpassen – Beispiele aus der Welt der Manuskripte

Ort: Saal 4
Zeit: Mittwoch, 16.9.2009, 15:30-16:00

Abstract

Dieser Beitrag geht der Frage nach, was Menschen motiviert haben mochte, Handschriften zu produzieren, welche eine bestimmte Sprache verwenden, diese aber in fremden Schriftsystemen abbilden – eine bislang wenig beachtete und kaum systematisch erforschte Kategorie von Handschriften. Auch die Sondersammlung der UB Graz bietet das schöne Beispiel eines griechischen Textes in lateinischer Schrift. Daneben begegnet eine Vielfalt von »schriftfremden« Texten, wo Sprache und Schrift beinahe beliebig gemischt werden können: In der großen Handschriftenbibliothek »Matenadaran« von Erevan / Armenien liegt ein Manuskript, das sieben verschiedene Alphabete und Texte in das armenische Alphabet überträgt. Wenn gar arabische Texte in syrischen Schriftzeichen gesetzt werden, was seit dem 16. Jahrhundert sehr häufig vorkommt, dann gibt es dafür sogar einen eigenen Namen: Karschuni. In einer Handschriftenbibliothek in Tirana findet sich ein Manuskript, das für die alte bulgarische Sprache griechische Lettern und ihre diakritischen Zeichen und verwendet – insgesamt ein wahrer Mischkrug an Sprachen und Schriften.

In Hinsicht auf Namen (Orte, Personen, Pflanzen usw.) war es immer notwendig, diese in andere Alphabete zu übertragen. Sie mussten ja über Sprachen und Schriften hinweg versteh- und identifizierbar bleiben. Doch warum werden bis in die jüngste Vergangenheit ganze Texte in sprachfremden Alphabeten geschrieben?

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