zurück

 

Tagebuch 1915
Seite: 27. Sept. 1915

 

"Ich denke: es trottelt halt weiter, kannst nix machen. Scheußlich. Sonderbar: ich frage nicht mehr: wann wird der Krieg vorüber sein? sondern: wird er vorübergehen? Kindisch, nicht? Hoffentlich. Sind 14 Monate so schrecklich lang? daß man schon an dem Ende überhaupt verzweifelt. Es ist wirklich zum Verzweifeln: die Menschen gewöhnen sich an den Krieg. Ich weiß wirklich nicht, ob es nicht schon heute ihrer /viele/ gibt, denen die Frage brennender ist: Wie werden wir den Frieden aushalten? als die andere: wie den Krieg?
Denn hier ist eine Umwälzung des ganzen Volkes rückgängig zu machen. Umwälzungen werden aber nie einfach rückgängig. Welche Befürchtungen für die Zukunft nach dem Krieg stiegen in uns allen gleich zu Anfang auf. Wir haben sie beiseite gesetzt, als

wir sahen, daß der Krieg sich weit leichter ertragen läßt, als wir dachten. War das nicht ein großer Trugschluß? Gilt darum das gleiche von dem kommenden Frieden?
Wir haben Krieg! Das Wort klingt scherzhaft. Wahrfaftig ich schwöre: das Wort klingt scherzhaft. Denn es klingt so, als ob das ein außergewöhnlicher Zustand wäre."